02/2021 INTERGREEN Newsletter
Sachgerechtes Mähen fördert Narbenbildung des Rasens
Aus botanischer Sicht wirkt das Mähen zunächst nachteilig auf die Gräser, da mit dem Entfernen eines Teils der Blattmasse die Fotosynthese kurzfristig eingeschränkt wird. Dies kann Einfluss auf die Kohlenhydratproduktion haben und sich auf die Wurzelentwicklung auswirken.
Untersuchungen zur Fotosyntheseleistung mit markiertem CO2 ergaben keinen gesicherten Einfluss des Mähens auf die Verlagerung von Kohlenhydraten in Blätter, Ausläufer oder Wurzeln (HULL, 2000). Die Wurzelmasse steht vielmehr in einer energetischen Balance zur gesamten Blattfläche, hier entsteht ein dynamisches Gleichgewicht. Die Versorgung der Wurzeln ist demnach vorgegeben durch die Fotosyntheseleistung der Rasennarbe.
Das Mähregime beeinflusst die fotosynthetisch aktive Blattfläche der Graspflanze und sorgt somit für Energiegewinn. Das Wurzelwachstum einer ungemähten Pflanze ist zwar größer, aber beim regelmäßigen Mähen stellt sich ein energetisches Gleichgewicht mit der verfügbaren Blattoberfläche ein, sodass sich dieses Wurzel-Spross-Gleichgewicht nicht als besonderer Stress für die Rasenpflanzen auswirkt.
Bei regelmäßigem Schnitt und Einhaltung der Drittel-Regel, können sich die Gräser anpassen, sodass mit dem Mähen kaum Stress für die Gräser entsteht.
Anpassung durch morphologische Veränderungen
Die meisten Rasengräser der kühlen Klimate stammen ursprünglich aus dem Grünland, wo sie regelmäßig durch Tiere kurzgehalten und damit eine Adaption an den Verlust von Blattmasse vollzogen wurde. Durch das Mähen werden die Gräser u.a. zur Bestockung angeregt, sodass eine dichtere Narbe mit einer größeren Triebzahl pro m² entsteht. Damit steigt der Blattflächenindex bei konstanter Schnitthöhe und die Fotosyntheseleistung bleibt weitgehend konstant. Durch das Mähen werden auch die Halme, die zur Blütenbildung angelegt werden, entfernt, dadurch verharrt der Rasen länger in einem vegetativen Zustand.
In verschiedenen Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass beispielweise die Wiesenrispe (Poa pratensis) in Abhängigkeit von der Schnitthöhe die Blattstellung veränderte. Bei einer Reduzierung der Schnitthöhe von 50 mm auf 25 mm bis auf 13 mm, ermittelte SCHEFFER (1978) bei 62 untersuchten Sorten der Wiesenrispe eine deutliche Tendenz zur horizontalen Stellung der Blattspreiten beim Tiefschnitt. Eine Tiefschnittverträglichkeit nimmt jedoch bei ungünstigen Standortbedingungen wie Trockenheit, hohe Temperaturen Krankheiten u.a. deutlich ab. Werden die Gräserarten unterhalb ihrer Schnitttoleranz gemäht, so dünnt die Rasennarbe aus und die Einwanderung von Kräutern und Moosen wird gefördert.
Artgerechte Schnitthöhe beachten
Eine wichtige Voraussetzung für die gute Rasenqualität ist die Festlegung der artgerechten Schnitthöhe. Die Schnittverträglichkeit der jeweiligen Gräserarten ist unterschiedlich und sollte deshalb bei der Pflege der verschiedenen Rasentypen berücksichtigt werden. In der Übersichtstabelle sind optimale Schnitthöhen, sowie der Einsatz geeigneter Mähertypen zusammengestellt. Einen möglichen Tiefschnitt von 1 bis 2 cm vertragen die Straußgräser (Agrostis spec.) oder die Jährige Rispe (Poa annua) bzw. die Lägerrispe (Poa supina), bei den übrigen Arten führt ein derartiges Schnittregime jedoch sehr schnell zur Lückigkeit und Ausfall des Rasens.
Rasentyp | Optimale Schnitthöhe | Durchschnittliche Schnitthäufigkeit* | Besonderheiten |
---|---|---|---|
Gebrauchsrasen | 30-40 mm | 1 Schnitt/Woche | Zu kurzes Schneiden führt zur Einwanderung unerwünschter Gräser. Sichelmäher sind geeignet (Motor-/Elektro-/Robo-Mäher). |
Sportrasen | 28-35 | 2 Schnitt/Woche | Zu tiefer Schnitt fördert die Einwanderung von Poa annua und verringert die Narbendichte. Sichelmäher mit Schnittgutaufnahme sowie Spindelmäher sind geeignet. |
Zierrasen | 15-25 mm | 2 Schnitt/Woche | Verbesserung des Schnittbildes durch Einsatz eines Walzen- oder Spindelmähers |
Kräuterrasen | 60-100 mm | 6-10 Schnitte/Jahr | Wenige Schnitte zum Erhalt der Artenvielfalt, Einsatz eines Sichelmähers empfehlenswert. |
Landschaftsrasen/ Blumenwiese |
Aussaatjahr: 1 Schnitt/Jahr Folgejahre: 2 Schnitte/Jahr (vorzugsweise Juli und September) | Schnitt vorzugsweise mit dem Balkenmäher oder mit der Sense. Das Mähgut bleibt einige Tage zum Trocknen auf der Fläche liegen, damit auch die spät reifenden Samen noch ausfallen können. Anschließend wird das getrocknete Heu abgeräumt. |
Tipp für den richtigen Mähzeitpunkt
Ein regelmäßiger Schnitt bei gleicher Schnitthöhe sorgt für ein dynamisches Gleichgewicht zwischen Gräserwurzeln und Trieben. Zur Vermeidung von Stresssituationen hat sich beim Mähen die „Drittel-Regel“ bewährt, wobei zum Schnittzeitpunkt maximal ein Drittel des Aufwuchses entfernt wird, z.B. bei Rasenhöhe von sechs Zentimeter erfolgt der Schnitt auf vier Zentimeter. Bei einer großzügigen Auslegung dieser Regel sollte niemals mehr als die Hälfte des Aufwuches in einem Arbeitsgang entfernt werden. Dies bedeutet für eine Schnitthöhe von drei Zentimeter, dass spätestens bei einer Rasenhöhe von sechs Zentimeter gemäht werden muss!
Zur Einhaltung der "Drittel-Regel" müssen kurzgemähte Rasenflächen entsprechend häufiger geschnitten werden. Im Gegensatz dazu werden Gebrauchsrasenflächen im Wohn- und Parkbereich allzu oft nach den Möglichkeiten der Pflegetrupps und den zur Verfügung stehenden Geräten und weniger nach der Drittel-Regel gemäht. Im Ergebnis bedeutet dies häufig, dass in großen Abständen ein radikaler Schnitt erfolgt und die Gräser nahezu ihre komplette Blattmasse verlieren. Dies entspricht eher einem Mährhythmus aus der Grünlandwirtschaft und führt nicht zu einem dichten Rasen.
Quellenhinweise:
- HULL, R.J., 2000: Mowing: Its impact on Turfgrasses. TURFGRASS TRENDS, 9 (1), S. 1-8. https://archive.lib.msu.edu/tic/tgtre/article/2000jan.pdf
- SCHEFFER, K.M. et al., 1978: Effect of mowing height on leaf angel, leaf number and tiller density of 62 Kentucky bluegrasses. Agrinomy Journal, 70 S. 686-689
Autor
© Dr. Klaus Müller-Beck, Ehrenmitglied DRG