03/2021 INTERGREEN Newsletter
Gräser im Klimawandel
Chlorophyll für die Fotosynthese
Klimadaten beziehen sich auf Mittelwerte (mindestens 30 Jahre), mit Schwankungsbreiten und Extremwerte. Klimawandel bedeutet daher Veränderungen der aktuellen Werte gegenüber einem solchen langjährigen Mittelwert, siehe Abbildung 1.
Die Hitze-Sommer der vergangenen Jahre können als typisch ungewöhnlich angesehen werden. Das Gleiche gilt für die derzeitigen Starkregenereignisse mit Überschwemmungen. Ein ständiger Wechsel zwischen zu nass und zu trocken, ist ein deutliches Zeichen für den Klimawandel. Dieses Phänomen ist allerdings global zu betrachten.
„Die Beobachtungen des Deutschen Wetterdienstes sind eindeutig. Es wird rasant wärmer, mehr Hitzewellen bedrohen unsere Gesundheit, jeder muss mit Schäden durch heftigeren Starkregen rechnen. Der Klimawandel hat Deutschland im Griff.“ Das erklärte Tobias Fuchs, Leiter der Abteilung Klima und Umweltberatung des Deutschen Wetterdienstes (DWD, 2021), bei der Vorstellung des „Monitoring-Berichts zu Klimawandelfolgen“ in Deutschland im November 2019.
Gräserzüchter reagieren
Der Klimawandel führt dazu, dass Trockenheit, insbesondere Frühjahrstrockenheit, in Nordeuropa immer häufiger auftritt. Aus diesem Grunde werden bei dem Züchter DLF trockenheitstolerante Sorten umfassend getestet.
In der einzigartigen Wurzelscreening-Anlage (RadiMax) wird die Wurzelarchitektur untersucht. Basierend auf diesen Erkenntnissen werden Gräsersorten verifiziert, und in Kombination mit weiteren Forschungsdaten, als besonders trockenheitstolerante Rasengräser angeboten (DLF, 2020).
Das neue Prinzip der Wurzelprüfung führt zu einer verbesserten Selektion von Gräsern, die sich den veränderten Klimabedingungen (Trockenheit) schneller anpassen können. Gräser mit einem derartig ausgeprägten Wurzelsystem sind widerstandsfähiger und können Wasser und notwendige Nährstoffe unter schwierigen Bedingungen besser aufnehmen. So werden die Auswirkungen von Trockenheit minimiert.
Trockenheitstolerante Sorten nutzen verschiedene natürliche Mechanismen, um dem Wassermangel zu begegnen. Während einer Frühjahrstrockenheit ist in tieferen Bodenschichten noch Wasser verfügbar. Hier hilft eine tiefe Wurzelmasse zum Überleben. Bei einer anhaltenden Trockenheit bis in den Sommer aktiviert die Pflanze Phytohormone zur Steuerung der Stomata, um ihr Wachstum aufrechtzuerhalten.
Gräser-Empfehlungen für die Zukunft
Bei der Frage nach den geeigneten Grasarten für den Standort Deutschland, wird inzwischen auch die Möglichkeit zur Verwendung von Warmzonen-Gräsern betrachtet. In südlichen Regionen Südwestdeutschlands mag sich das Bermudagrass an einigen Standorten im Gebrauchsrasen während der warmen Sommermonate behaupten. Allerdings führt die ausgeprägte Winter-Dormanz der C4-Gräser in unseren Breiten sehr rasch zu braunen Rasenflächen von Oktober bis Mai (MÜLLER-BECK, 2016). So bleibt es für den Standort Deutschland bei der Wahl der geeigneten Rasenmischung beim Arten-Spektrum der Kaltzonen-Gräser (C3-Gräser).
In einem aktuellen Beitrag berichtet NONN (2021) erneut über geeignete Sorten und Arten mit Hitze- und Trockenheits-Verträglichkeit für die Rasenanwendung.
Interessante Ergebnisse liefert eine Hybridvariante der Wiesenrispe im Gefäßversuch bei der Beurteilung der Hitzeverträglichkeit (siehe Abbildung 4).
Generell ist die Toleranz der Gräser gegenüber Hitze und Trockenheit sehr unterschiedlich ausgeprägt, dies wird in zahlreichen Literaturangaben bestätigt. Auffällig empfindlich sind die flach wurzelnden Gräser Poa annua und Poa trivialis (Jährige Rispe/Gemeine Rispe), sie kommen mit der veränderten Situation nur schwer zurecht. Hier bietet sich eine Möglichkeit zur Bestandsveränderung, indem durch Austrocknung diese Arten zurückgedrängt werden.
Deutlich toleranter sind die Grasarten Poa pratensis (Wiesenrispe), Festuca ovina/trachyphylla (Schafschwingel/Raublättriger Schwingel) und Festuca arundinacea (Rohrschwingel). Die Verwendung von Poa pratensis und verschiedene Arten von Festuca in Rasenmischungen können aufgrund der guten Hitze- und Trockenheitstoleranz zu einer Reduzierung des Beregnungsbedarfs und zu einem guten Rasenaspekt auch bei Hitze beitragen (NONN, 2021).
In den Regel-Saatgut-Mischungen Rasen (RSM Rasen) werden jährlich die Erfahrungen zur Eignung der Sorten sowie die Kombination der Gräserarten berücksichtigt. Für den Gebrauchsrasen stehen zwei Varianten für Trockenlagen (RSM 2.2) mit den oben genannten Arten zur Auswahl.
NONN (2021) berichtet, dass Mischungen mit hohen Anteilen an Festuca trachyphylla oder Festuca arundinacea auch bei Trockenheit am längsten grün bleiben und sich bei Wiederbewässerung am schnellsten regenerieren. Beide Grasarten sind jedoch schwierige Mischungspartner. Festuca arundinacea erfordert einen tief durchwurzelbaren Boden mit guter Wasserspeicherung im Untergrund. Auf flachgründigen Böden kann der Rohrschwingel seine Vorteile nicht ausspielen. Eine stickstoffbetonte Düngung im Spätherbst kann die eher gelbliche Winterfarbe bei Festuca arundinacea deutlich verbessern. Neuere Sorten zeigen in den Rasenprüfungen des Bundessortenamts eine bemerkenswerte Verbesserung im Winteraspekt.
Quellenhinweise:
- DLF, 2020: How new grass varieties help farmers, landscapers, and groundsmen beat climate change
www.dlf.com/about-dlf/news-and-press-releases/article/how-new-grass-varieties-help-farmers-landscapers-and-groundsmen-beat-climate-change?Action=1¤tPage=1&PID=1905 - DWD, 2021: Deutscher Klimaatlas.
www.dwd.de/DE/klimaumwelt/klimaatlas/klimaatlas_node.html - MÜLLER-BECK, K.G., 2016: GVD-Jahrestagung 2016 nimmt Auswirkungen der Klimaveränderungen auf dem Golfplatz in den Fokus.
www.rasengesellschaft.de/newsreader/gvd-jahrestagung-2016.html - NONN, H., 2021: Klimaveränderung Grün trotz Hitze und Trockenheit. Der Rasenratgeber 2021/2022 Ulmer Verl.
Autor
© Dr. Klaus Müller-Beck, Ehrenmitglied DRG