43. Report-Ausgabe
Hybridrasen-Systeme eine Entwicklung für die Zukunft
Sportrasen für höchste Beanspruchung
Der Fußballrasen hat in der öffentlichen Wahrnehmung, aber insbesondere bei den Verantwortlichen für die Pflege von Sportrasenflächen einen besonders hohen Stellenwert.Unterschiedlichste Belagsarten werden seit vielen Jahren für die Spieler angeboten. Hohe Nutzungsintensitäten haben dazu geführt, dass der Naturrasen oft an die Grenzen der Bespielbarkeit gelangt. Die Alternative eines Tennenplatzes ist heute keine Option mehr; denn inzwischen werden Kunststoffrasenbeläge mit einer Sand-/Gummigranulat-Verfüllung der dritten Generation im Markt angeboten.
Ein wesentlicher Faktor bezüglich der nachhaltigen Nutzung einer Sportanlage liegt in der Ausgestaltung der Pflegeintensität der Plätze. In der „Sportplatzpflegerichtlinie 2014“, herausgegeben von der FLL, werden die erforderlichen Pflegeleistungen für Rasen-, Tennen-, Kunststoff- und Kunststoffrasenflächen ausführlich beschrieben.
Bei der Auswahl der Belagsarten für einen Sportplatz sind demnach folgende Anforderungen zu berücksichtigen, die je nach Belagstyp unterschiedlich erfüllt werden:
- Nutzungsart mit Nutzungsintensität,
- Funktionalität mit Sportfunktion und Schutzfunktion,
- Lebenszykluskosten mit Pflege- und Instandhaltung, Herstellung, Entsorgung und Wiederbeschaffung bei Belagserneuerung.
Je nach Sportart und Spielklasse sind unterschiedliche Belagsarten geeignet und von den Sportverbänden zugelassen. Die Lebensdauer eines Belages hängt maßgeblich von der Nutzungsintensität und der regelmäßigen, sachgerechten Pflege ab. In der FLL-Sportplatzpflegerichtlinie werden für den Fußballspielbetrieb Orientierungsgrößen für die jährliche Nutzungsdauer in Stunden angeben. Dabei sind witterungsbedingte Einflüsse wie Sommer- und Winterspielbetrieb zu berücksichtigen.
Für die Belagsarten ergeben sich demnach folgende Nutzungseinheiten:
- Sportrasen bis 800 Stunden/Jahr
- Tennenplatz bis 1500 Stunden/Jahr
- Kunststoffrasen über 1500 Stunden/Jahr
Zur Optimierung der Nutzungsintensität bei Sportrasen werden in jüngerer Zeit Hybridrasen-Systeme bzw. Hybridtragschichten eingesetzt. Hierbei handelt es sich um die Armierung der RTS mit verschiedenartigen eingemischten Kunststofffasern bzw. um die zusätzliche Armierung der Rasenarbe durch vertikale Kunststofffasen. In der FLL-Sportplatzrichtlinie heißt es hierzu: „Der Einsatz von Hybridsystemen kann die Nutzungsintensität und die Scherfestigkeit erhöhen sowie die Ebenheit von Sportrasenflächen länger erhalten.“
Armierung der RTS sichert Ebenflächigkeit bei erhöhter Nutzungsintensität
Auf der Grundlage der bisherigen Veröffentlichungen (ERNST, 2012 und NONN, 2013) sowie den eigenen Beobachtungen und Erkenntnissen aus früheren Untersuchungen zur Armierung mit „Enkamat“ in Rasentragschichten, lassen sich die derzeit angebotenen Systeme und Varianten in folgende Kategorien einteilen:
- „Hybridtragschicht“ = armierte Rasentragschicht mit unterschiedlichen Fasern;
- „Hybridrasen-System“ = armierte Rasentragschicht mit zusätzlich armierter Rasennarbe.
Die erwarteten Leistungseigenschaften und Anforderungen an die Systeme lassen sich mit den folgenden Kriterien verdeutlichen:
- Hohe Wasserdurchlässigkeit;
- hohe mechanische Belastung;
- hohe Ebenflächigkeit;
- hohe Scherfestigkeit;
- mehr Nutzungsstunden;
- Alternative zu Tennensportplätzen und Kunststoffrasen.
Bei der Bewertung der Systeme spielen die zusätzlichen Kosten, aber auch die Möglichkeiten zur Pflege der armierten Rasenplätze eine wichtige Rolle.
Gute Informationen zur Einschätzung der Pflegemaßnahmen liefert die „ZTV-Hybridrasen“, die kostenlos heruntergeladen werden kann: Hier klicken zum Download!
Neu: INTERGREEN bietet Hybridrasen-Systeme an
Die Intergreen AG präsentierte auf der demopark 2015 in Eisennach erstmalig das international bewährte Hybridrasen-System „XtraGrass“. In Zusammenarbeit mit der Hybridrasen-Marke „XtraGrass“, die bereits seit mehr als zehn Jahren auf dem internationalen Markt tätig ist, wurde das Hybridrasen-System den Anforderungen des deutschen Marktes angepasst. Zukünftig wird das System als „Intergreen-XtraGrass“ auf dem hiesigen Markt angeboten.
Darüber hinaus befinden sich armierte Rasentragschichtgemische in der Erprobungsphase am Institut für Landschaftsbau an der Hochschule Osnabrück, sodass anlässlich der Messe demopark zusätzlich der Prototyp einer Hybridtragschicht vorgestellt werden konnte.
Pflegemaßnahmen erfordern Fachkenntnisse
Im Rahmen des 119. DRG-Rasenseminars im Frühjahr 2014 hatten die Verantwortlichen der DRG zwei namhafte Vertreter für das Greenkeeping eingeladen, die ihre Erfahrungen zum Thema: „Armierte Rasentragschichten erfordern angepasste Pflegekonzepte“ in Kurzvorträgen präsentierten.
Beispiel 1: TSG 1899 Hoffenheim, Wirsol Rhein-Neckar-Arena
Head-Greenkeeper Klaus Peter Sauer berichtete über den Einbau und die Pflegemaßnahmen bei einer Fibrelastic Rasentragschicht.
Zu den wichtigsten Maßnahmen zählte er:
- Nachsaat vor jedem zweiten Spiel,
- Torraumnachsaat vor jedem Spiel,
- Mähen mit Handsichelmähern nach dem Spiel,
- Mähen nach Bedarf mit Dennis Mähern oder Triplexmähern,
- Tiefenlockern mit Vollspoons je nach Bedarf und Wetter,
- WICHTIG: Richtige Feuchtigkeit im Boden beachten,
- keine Bearbeitung mit Hohlspoons möglich,
- Zusatzbelichtung mit Einheiten für Platz und Torraum.
Nach zweijähriger Nutzung wurde im Mai 2014 der obere Horizont mit angereicherter organischer Substanz abgefräst. Es folgte eine Bodenbearbeitung und Einsaat.
- Aufbringung von 100 Tonnen Sand (Körnung 0,1-1,5 mm);
- Bearbeitung mit Kreiselegge bis Einbautiefe(15cm);
- Einsaat mit reiner Lolium perenne-Mischung (50 g/m²).
Beispiel 2: VfL Wolfsburg, Volkswagen-Arena
Die Erfahrungen mit dem GrassMaster-System erläuterte Head-Greenkeeper Matthias Eichner. Neben dem Armierungssystem verfügt der Stadionrasen auch über das Belüftungssystem Osmo-Drain. Eine komplette Ausstattung zur bedarfsgerechten künstlichen Belichtung steht ebenfalls zur Verfügung.
Zur Standardpflege zählt:
- Regelmäßige Nachsaat des gesamten Platzes mit Lolium perenne (drei Sorten) im 14- tägigen Rhythmus.
- Für den Torraum wird vorgekeimtes Saatgut eingesetzt.
- Bei der Düngung wird ein 14 tägiges Intervall mit einem Mix aus flüssig und granulierten, leicht löslichen Düngern sowie Spurennährstoffen und Silizium eingehalten.
- Zusätzlich werden Wachstumsregulatoren eingesetzt.
In der Spielpause (ab Mai) wird der obere Horizont der RTS abgefräst, sodass die Fasern wieder frei liegen und nach einem Sandauftrag mit anschließender Bearbeitung (Bürsten und Striegeln) die Neuansaat mit Lolium perenne erfolgen kann.
Fazit und Ausblick
Erhöhte Anforderungen an die Nutzungsintensität bei Sportrasen durch Spiel- und Trainingsbetrieb erfordern eine Intensivierung der Pflege in Verbindung mit der Optimierung von Bausystemen. Bei der Verbesserung der Qualität des Stadionrasens kommen optische Aspekte der Rasennarbe hinzu.
Die Akzeptanz von natürlichen Rasenflächen für den Sportrasen ist bei allen Sportlern weiterhin stark ausgeprägt, sofern die Ebenflächigkeit, das Gleitverhalten und die Scherfestigkeit der Rasennarbe gewährleistet sind.
Quellenangabe
- ERNST, R., 2012: Kunststoffarmierte Rasenflächen - Aufbau, Nutzung und Pflege. Vortrags-Handout 115. DRG-Rasenseminar, Königslutter.
- ERNST, R., MÜLLER-BECK, K.G. u. H: NONN, 2014: Armierung für Fußballrasen: Systeme und Erfahrungen. Vortrags-Handout 119.DRG-Rasenseminar.
- FLL, 2014: Sportplatzpflegerichtlinien – Richtlinien für die Pflege und Nutzung von Sportanlagen im Freien; Planungsgrundätze. Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V., Bonn, 2.Auflage, 85 S.
- MÜLLER-BECK, K.G., 2014: Stadionrasen: Belichtung – Armierung – Pflegetechnik. Ein Bericht zum 119. DRG-Rasenseminar. European Journal of Turfgrass Science 42.Ausg. S.29-32.
- NONN, H., 2013: Hybridrasen, der armierte Naturrasen für die Sportnutzung. Rasen-Thema August. www.rasengesellschaft.de/rasenthema-detailansicht/rasenthema-august-2013.html